Dokumentation des #hsaka barcamp 2020: Musisch-kulturelle Kurse

Storytelling

Veröffentlicht am 12. März 2021 in Webdoku Oberstufe 2020 von ; zuletzt geändert: 5. August 2022
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Links: #hsaka barcamp 2020, PDF-Fassung der Gesamt-Doku (gekürzt), PDF-Fassung dieses Teils (in Vorb.)

Autorin: Simone Beege

Es war einmal… so fangen viele Geschichten an – was aber macht eine gute Geschichte aus? Wie funktionieren Geschichten und was verbindet Frodo Beutlin mit Luke Skywalker? In diesem kontinuierlichem mukK werden wir uns mit „Storytelling“ befassen und selbst Geschichten erfinden – mal nach Erzählschema, mal mit Hilfe von Methoden aus dem Impro-Theater vor allem aber immer mit Spaß und unserer wilden Fantasie. Ich freue mich auf 4 Zoom-Sessions mit euch!

Beschreibung unseres Vorgehens

In diesem Kurs beschäftigten wir uns zu zehnt mit diversen Elementen des Geschichten Erzählens. Der Start im Plenum bestand jeweils aus einer kleiner Aufwärm- bzw. Lockerungsübung, um die Kreativität anzuregen und auf die entsprechenden Inhalte vorzubereiten. Dann ging es oft in kurze Gruppenarbeiten in Break Out Sessions deren Ergebnisse in unserem Pad gesammelt und anschließend diskutiert wurden.

Nachdem die Grundlagen gelegt waren, arbeiteten wir uns von simplen Erzählmustern zu komplexeren Erzählstrukturen heran. Wir suchten Anwendungsgebiete des Storytelling im Alltag und in der Politik und hinterfragten die Wirkungen und Nutzung dieser Erzählstrukturen. So spannten wir einen Bogen vom Erzählen der Unterhaltung willen über die Anwendung von Erzählmustern in der Werbung bis zu politischen Bewegungen, die mit Hilfe von Storytelling Massen bewegen.

Da unser Etherpad unsere Inhalte schön chronologisch und die diskursive Arbeitsweise darstellt ist es Teil der Dokumentation. Weiterhin könnt ihr in eine Geschichte hineinhören, die wir gemeinsam spontan mit Hilfe des Erzählmusters entwickelt haben.

Viel Spaß dabei, es war mir eine außerordentlich große Freude, mit euch erzählt zu haben!

Zunächst einmal die Inhaltliche Dokumentation und im Anschluss dann die Reflexion über die digitale Durchführung:

Aus den bearbeiteten Inhalten

Was macht eine gute Geschichte aus?
  • schwer definierbar
  • man lernt etwas
  • Schreibstil
  • Spannungsverlauf mit Höhepunkt
  • gute Antagonisten (ist das nicht ein Oxymoron) nicht unbedingt weil Antagonist=Gegenspieler ohne Wertung
  • guter Bösewicht vielleicht eher
    • „Der Antagonist in Drama und Prosa ist der hauptsächliche Gegner des Protagonisten und diejenige Kraft der Erzählung, die sein Handeln behindert.“ -wikipedia.org touche? wobei sich das „gut“ ja auf die Struktur
  • Potenzial, sich mit Charakteren zu identifizieren / emotional mitzufiebern –> sehr persönlich
  • keine stereotypischen Charaktere, stattdessen mehrdimenisonale Charaktere
  • Ende sollte nicht offensichtlich sein (?)
  • interessante Figuren
  • Plot Twist (muss natürlich sein, nicht gezwungen ?) Verschiebung von Erwartungen
  • „Moral“ / Botschaft / Aussageabsicht des Autors / Leerstellen vom Leser gefüllt / unterschiedlich deutbar(hängt von subjektiver Wahrnehmung ab)
  • Emotionen wecken
  • Konflikt als Handlungsmotivation
  • angemessener Umfang (die größte, kleinste Geschichte?) – was macht eine Geschichte zur Geschichte?
  • Unterschied zu einem Fakt (formale Kriterien)
  • (subjektiv kann das Genre eine Rolle spielen)
  • Erzählperspektive
  • überspitzte Darstellung/ überarbeitete und aufbereitete Form steigert das Interesse
  • von einer stärkeren Bildlichkeit geprägt als andere Formen der Vermittlung
Wozu erzählen wir Geschichten?
  • Meinung ausdrücken
  • Dinge erklären
  • Kreativität / Fantasie ausleben (z.B. Fanfiction)
  • Verarbeitung von vergangenen Ereignissen im Leben des/der Autor*in
  • Darlegen der eigenen Moralvorstellungen
  • Selbstreflexion, Ergründung des Selbst
  • Festhalten des Zeitgeists
  • Beeinflussung der Masse (Propaganda) / Machtgewinn
  • Rechtfertigung sozialer Zustände
  • Persönliche Rache
  • Ausleben der düsteren Fantasien
  • Aufmerksamkeit
  • Unterhaltung
  • Weitergabe von Informationen
  • Meinungsbildung
  • muss keinen Anlass haben
  • Hoffnungen / Wünsche /Visionen (Science-Fiction)
  • überspitzte Darstellung/ überarbeitete und aufbereitete Form steigert das Interesse
  • von einer stärkeren Bildlichkeit geprägt als andere Formen der Vermittlung
  • Anlass: emotionale Verbindung (mit Menschen / Objekten) – Geschichten machen Erlebnisse greifbarer – Fakten werden zu Geschichten und dadurch verständlich und emotional zugänglich
  • schult Empathie
  • Motive:“Vermächtnis“ bewahren
  • materielle Gründe à z.B. Konsumanreiz
  • Geschichten vermitteln kulturelle Werte – schaffen Gemeinschaft und Zugehörigkeit
    • Bsp: Bibel, Christentum, ist in Geschichten aufgebaut
FRAGEN und IMPULSE, die aufkommen

Klasse! Genau, notiert Fragen und Impulse für die Gruppe 🙂

  • Diskurs innerhalb unserer Gruppe:
    • Ist Beschreiben dasselbe, wie Erzählen? Bzw.: Wo ist die Grenze dazwischen?
  • Frage: Inwiefern kann man den/die Autor*in vom Werk trennen?
  • Sind Geschichten wahr? –> Was ist Wahrheit? Ist Weglassen, Lügen?
Einfaches Grundmuster einer Geschichte

Es war einmal…

Jeden Tag…

Eines Tages…

Deshalb…

Bis schließlich…

Seit diesem Tage…

Was haben Frodo Beutlin mit Luke Skywalker und Katniss Everdeen gemeinsam?
  • Helden (Auserwählte)
  • ähnliche Charaktermerkmale (mutig etc.)
  • trotzdem haben alle ihre Schwächen
  • sind alle sehr „normal“
  • Heldenreise oder Entwicklungsprozesse
  • Underdogs
  • Junge Charaktere
  • Antagonist
  • haben alle einen Mentor & Begleiter
  • werden aus ihrem alltäglichen Dasein herausgerissen/ Revolutionäre mit Ausnahme von Frodo
  • emotionaler Tiefpunkt
  • Happy End
  • tragischer Familienhintergrund (Frodo? – da waren wir uns auch nicht sicher)
  • Mutig
  • (übergeordnetes) Ziel
  • Auftrag
  • besondere Gegnstände (Pfeil + Bogen / Laser-/ Lichtschwert oder Ring vom Onkel/ Vater)
  • Reifen (das ist ein Verb!!) auf ihrer Reise
Der Heros in tausend Gestalten – Joseph Campbell
  • Mythenforscher Joseph Campbell (1904-1987) entdeckte strukturelle Gemeinsamkeiten diverser Geschichten
  • entwickelte das Konzept des „Monomythos“ in seinem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“ 1946
  • bekannter als „Heldenreise“ oder „Quest“
  • Christopher Vogler (Mitarbeiter des Filmdepartments an der University of Southern California) vereinfachte Campbells Funde
  • entwickelte den Zyklus der Heldenfahrt in 12 Schritten
  • Grundlage für Großteil von Film-Drehbüchern, Romanen und Cpmuterspiele
  • Der kleine Hobbit und Herr der RingeDer König der LöwenHarry Potter oder Star Wars.
Was zeichnet einen Helden aus? – Mathäus Winkler

Wie Storytelling in Werbung und für politische Bewegungen eingesetzt wird

Storytelling in der Werbung

Welche Elemente des Storytellings sind in der Edeka Werbung erkennbar?

  • ähnelt der Heldenreise
  • Krähe als Ruf des Abenteuers und Mentor
  • alte, gewohnte Welt – Schwelle übertreten, – in neue Welt – wandelt sich, und kehrt dann verändert in gewohnte Welt zurück
  • Musik – emotionale Untermalung
  • starke Symbolik – Farben, Zeitverlauf- Wandel

Warum sind solche Werbungen so wirksam?
Welche Werte werden mit EDEKA durch diese Heldenreise verbunden?

  • positives Gefühl wird mit Edeka verbunden
  • gesunde Beeren = EDEKA ist gesund und GUT
  • Geschichten merken wir uns gut
  • Farbspektren der Marke werden subtil eingebracht
  • man schaut die Werbung bis zum Ende an, weil man die Geschichte zu Ende erfahren möchte
  • kommt auf das Medium an über das die Werbung ausgetrahlt wird
  • auf Youtube sind die Werbeclips kürzer, da klickt man eher weg
  • Eatkarus wurde im Fernsehen ausgetrahlt
  • Problem wird erklärt und gelöst — in der Werbung ist das Produkt die Lösung
  • Bedürfnisse die für alle gemein sind werden geschildert – wir alle wollen das gleiche; gemeinsame Basis
  • vielfältige Meinungen werden repräsentiert – „alle“ Gesellschaftsgruppen kommen zu Wort
  • jeder kann sich damit identifizieren – gemeinsame Botschaft
  • in der Werbung sieht man eigentlich nichts von der Marke selbst sondern all die Individuen, die die Sparkasse zu nutzen
  • wie hebt sich Banken von anderen Banken ab? Hervorstechen mit guten Werten, gehen verantwortungsvoll mit Geld um, man hat einen persönlichen Ansprechpartner
  • Zukunftscharakter, Langlebigkeit

Wie Storytelling in Werbung und für politische Bewegungen eingesetzt wird

Storytelling und politische Bewegungen

Welche Beispiele fallen euch ein?

  • Katholische/evangelische Kirche
    • fußt auf der Bibel, diversen Geschichten – hat einen eigenen Staat
  • Fridays for Future
    • Geschichten wie die von Eisbären die sterben weil deren Schollen wegschwimmen
    • Greta Thunberg als Heldin
  • Black Lives Matter
    • George Floyd – als Figur, sein Schicksal personalisiert das Leid der Massen
  • UNICEF
    • Geschichten von leidtragenden Kindern, die Hilfe benötigen
  • Nationalsozialismus
    • arbeiten mit Geschichten, um gezieltes Mensch,bild zu erzeugen

Achtung!

  • wer erzählt die Geschichte, wer wählt welche Perpektive und mit welcher Absicht?
  • Geschichten enthalten nicht zwangsläufig Fakten
  • wie steht es um die Dimensionen?

Reflexion

Genereller Eindruck

Für mich war das Barcamp und die digitale Durchführung meines Storytelling Kurses einen rundum positive Erfahrung. Ich hatte bereits das Glück, zwei Akademien auf der Burg erleben zu können und war erstaunt, wie viel von dem Enthusiasmus, dem Gefühl der Gemeinsamkeit und dem Interesse an neuen Inhalten und Perspektiven auch im digitalen Format spürbar waren.

Digitales Arbeiten

Bisher war ich gewohnt über Google Meet digital mit mehreren Personen zusammenzuarbeiten und über Google Drive gemeinsam an Dokumenten zu schreiben. Daher war das grundlegende Konzept nicht neu für mich und ich bin recht zuversichtlich in die digitale Akademie gegangen. Neu war letztendlich das Programm Zoom für mich, das ich nach einer Einführung durch das Orgateam jedoch gut bedienen konnte. Besonders hilfreich war die leicht anwendbare Funktion die Teilnehmenden in einzelne Räume schicken zu können.

Diese Breakout Sessions haben für mich das Erarbeiten von Inhalten sehr vereinfacht und interaktiv gestaltet, da die Teilnehmenden durch die Arbeit in Gruppen einen höheren Redeanteil erhielten und im Anschluss stets Raum für Diskussion und Austausch war. Unsere Ideen hielten wir auf einem gemeinsamen Etherpad fest, welches von uns als fortlaufender Notizzettel genutzt wurde. Somit hatten wir stets einen Ort an dem der Inhalt und die Chronologie unseres Kurses dokumentiert wurden.

Inhaltlich konnte ich meinen Kurs, der ursprünglich als Improvisationstheaterkurs geplant war, leicht auf die digitale Arbeitsweise anpassen, indem ich mich auf das Geschichten erzählen fokussierte. Thematische Schwerpunkte wie Werbung und politischen Bewegungen verbanden das Storytelling mit relevanten Aspekten aus dem Alltag und dem gesellschaftlichen Leben, sodass ein Bezug zu aktuellen Ereignissen geschaffen wurde. Daher bin ich mit einem guten Gefühl in die Sitzungen gegangen und war sehr zufrieden mit sowohl der Mitarbeit als auch der Gruppendynamik meiner Teilnehmenden.

Erfahrungen während der Kursarbeit

Zu meiner großen Freude konnten wir trotz physischer Entfernung ein Gefühl der Gemeinsamkeit bilden. Dies gelang durch das Annehmen und Wertschätzen der Ideen während unserer kreativen Arbeit die allen Spaß gemacht hat und somit eine sehr gelöste und herzliche Atmosphäre schuf. Ich hätte nicht erwartet, dass sich so ein schönes Miteinander entwickelt und bin positiv überrascht, dass dies sich auch im digitalen Kontext entwickelt hat.

Nachdem wir uns alle mit den technischen Gegebenheiten arrangiert hatten (z.B. Redebeiträge durch eine feste Reihenfolge beim Geschichten-Entwickeln festlegen) konnte der kreative Prozess flüssiger entstehen.

Gefehlt hat mir das persönliche Gespräch mit den Teilnehmenden weil man sich letztendlich nur während der Kurszeit begegnet und da nicht viel Raum für Austausch blieb bzw. dann stets zwangsläufig alle mithören. Das sind die Momente die auf der Akademie mit physischer Anwesenheit spontan entstehen und eine Nähe schaffen, die man nur ganz gezielt und mit bewusstem Aufwand versuchen kann zu schaffen, wenn man digital zusammenarbeitet. Hier könnte man über Buddygroups nachdenken, in denen man zusammenkommt, um gemeinsam zu reflektieren und problematische aber auch schöne Erfahrungen in der Zusammenarbeit teilt.

Manchmal fiel es mir auch schwer einzuschätzen wie aufmerksam einige Teilnehmende am Geschehen teilnahmen, da man nicht überprüfen kann, was nebenher auf dem Bildschirm bearbeitet wird. Dennoch blieb dieses Gefühl eine Ausnahme und ich bin wirklich sehr zufrieden mit der Entwicklung der Gruppe und den Ergebnissen des Kurses.

Lessons Learned
  • Digitale Treffen des Teams der Betreuenden organisieren, damit eine stärkere Einheit entsteht
  • Aspekte der Partizipation beibehalten. Es sind großartige Inhalte aus der interessensbasierten Arbeit der Teilnehmenden entstanden. Diesem Schaffenspotenzial sollte weiterhin Raum gegeben werden
  • Mehr Bewegungsangebote einplanen, bzw. mehr Körperübungen inkludieren, damit man nicht den ganzen Tag sitzt.
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